Ein Vater fragt: „Was kann ich dagegen machen, die zwei Stunden begleiteter Umgang sind schon zum dritten Mal abgesagt worden?“
Ob bei Inobhutnahmen, ob bei Umgängen, insbesondere begleiteten Umgängen stellt ISUV, Interessenverband für Unterhalt und Familienrecht, einen Anstieg der Anfragen nach Rechtshilfe fest. Oft handelt es sich um Einschränkung, Absage oder Verweigerung des Umgangs. „Bei Inobhutnahmen rate ich dringend sofort einen Anwalt einzuschalten, so dass sich die Verhältnisse nicht ungeprüft verfestigen. Was den Umgang anbelangt, rate ich zu Nachhaltigkeit. Betroffene sollten alle Hebel in Bewegung setzen, verhandeln, auch das Jugendamt einschalten. Eilanträge werden allerdings jetzt wohl ins Leere laufen, denn Gerichte arbeiten im Krisenmodus, Kanzleien haben auf Telefonbetrieb umgestellt“, gibt der ISUV-Vorsitzende, Rechtsanwalt Klaus Zimmer zu Bedenken.
Hintergrund begleiteter Umgang
Begleiteter Umgang wird immer dann angeordnet, um beispielsweise den Kontakt zwischen leiblichen Eltern und dem Kind nach einer Inobhutnahme oder hochstreitigen Trennung wieder aufzunehmen. Eine neutrale dritte Person „begleitet“ den Umgang zwischen den Eltern bzw. einem Elternteil mit dem Kind oder den Kindern. Diese dritte Person überwacht, kontrolliert und/oder motiviert, dass der Umgang dem Wohl des Kindes dient und der umgangsberechtigte Elternteil die Möglichkeit hat, mit dem Kind wieder einen Kontakt anzubahnen.
„Begleiteter Umgang heißt auch immer, dass ein Elternteil oder auch die Pflegeeltern den Umgang mit dem leiblichen Elternteil nicht wünschen, ihn behindern oder nach Möglichkeit gar verhindern. Die Coronakrise leistet diesem negativen Verhalten Vorschub, ja man kann die Verweigerungshaltung gar noch altruistisch als Fürsorge verbrämen“, stellt ISUV-Pressesprecher Josef Linsler fest. Auffallend ist, wo Umgang unterbunden wird, geschieht dies jeweils mit den nahezu gleichen Begründungen: Das Kind ist erkältet, hat Grippe, es besteht Ansteckungsgefahr, Vorsorge gegenüber den anderen Kindern im Haushalt/Gruppe, Erkrankung in der Familie, Krankheit des Begleiters, geschlossene Räumlichkeiten,… „All das ist nicht oder manchmal nur schwer nachweisbar, klingt fürsorglich, wird von Umgangselternteilen bestritten. Sie befürchten zurecht, wird der begleitete Umgang unterbrochen, so besteht gerade jetzt die Gefahr, dass die mühevoll aufgebaute meist fragile Beziehung zu Ende ist“, stellt Linsler fest.
Besonnenheit – langer Atem – Exit-Strategie
Laut Bundesverfassungsgericht ist das Umgangsrecht quasi ein Grundrecht von Kindern und Eltern. Es steht nicht im Belieben eines Elternteils oder der Pflegeeltern den Umgang auszusetzen oder gar ganz zu verweigern, auch wenn dies in der Praxis oft gemacht wird. Es ist wichtig, dass betroffene Eltern diese grundsätzliche Rechtsposition kennen und auf dieser Grundlage besonnen, langfristig und nachhaltig ihre berechtigten Forderungen stellen. „Wer den Umgang mit seinem Kind, seinen Kindern durchsetzen und leben will, braucht meist einen langen Atem. Gerade jetzt sollte man auch schon eine Strategie für den Exit haben“, rät Linsler.
Begleitete Umgangskontakte dürfen auch in der Coronakrise nicht einfach kurzfristig unbegründet abgesagt werden. ISUV rät, der Umgangselternteil sollte immer gleich auf schriftliche Absage, Begründung und einen Ersatztermin drängen. Keinesfalls sich einfach vertrösten lassen, Umgangskontakte müssen nachgeholt werden. Der Umgangselternteil sollte sich auch bemerkbar machen durch Briefe, Geschenke für das Kind, durch Anrufe bei Freunden und Verwandten. Ansprechpartner und manchmal auch Vermittler sind Jugendämter und der/die Umgangsbegleiter/in. Was immer auch gerade jetzt möglich ist, ein Telefonat, Videokontakt, skypen mit dem Kind – möglichst offen und unbeeinflusst vom Betreuungselternteil, den Pflegeeltern.
Es gehört zu den Pflichten des Jugendamtes den Umgang wieder herzustellen. „Allerdings hilft nur Nachhaltigkeit des Umgangselternteils und Sachlichkeit, auch wenn das gerade jetzt aus verständlichen Gründen schwerfällt. Schließlich bleibt dann noch der langwierige Weg zum Familiengericht – mit oder ohne Anwalt, Ausgang ungewiss. Jetzt in der Krise stellen wir leider verstärkt fest, dass der Umgangselternteil vermehrt schnell resigniert und sich depressiv in die vier Wände zurückzieht“, stellt Linsler fest.